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Aloe vera auf dem Prüfstand

Berlin – Sie ist ein kleiner Tausendsassa: Aloe vera taucht in Cremes und Gels auf, existiert als Saft oder in Kapseln. In einigen Foren wird sogar ihre Kraft fürs Abwehrsystem gepriesen und ihr eine krebsvorbeugende Wirkung zugeschrieben. Doch was stimmt davon? Antwort: fast nichts.

Die Aloe vera zählt zu den Sukkulenten. Das heißt, die Pflanze speichert viel Wasser. Erkennbar ist das an den dickfleischigen Blättern. Aus ihrem Inneren wird das Aloe-Gel gewonnen – eine durchsichtige Masse. Aus den äußeren Blattteilen kommt dagegen das bitter schmeckende, gelbe Aloe-Latex, auch Aloe-Saft genannt.

Gel und Latex werden zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt, Aloe-Saft zum Beispiel als Abführmittel bei Verstopfung. Allerdings sollte das laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur kurzfristig geschehen, da es nicht ganz ohne Nebenwirkungen ist. «Aufgrund der Nebenwirkungen ist der Saft mittlerweile durch weniger riskante Substanzen vom Markt verdrängt worden», erklärt Wilhelm Brodschelm. Er leitet die Apotheke am Krankenhaus St. Josef im österreichischen Braunau.

Etwas harmloser ist die Verwendung von Aloe vera als Gel. Es soll äußerlich bei allen Arten von Wunden, Verbrennungen, Hautreizungen oder Schuppenflechte nützlich sein. Es finden sich aber auch Aussagen zur Wirksamkeit bei Diabetes, Krebs oder HIV-Infektionen. «Das sind übertriebene Heilsversprechen», urteilt Prof. Bernhard Uehleke. Er arbeitet als Experte für Phytotherapie im Immanuel Krankenhaus in Berlin. Aloe vera präventiv gegen Krebs einzunehmen, sei Quatsch.

Kann man Aloe-vera-Gel also als nutzlos abschreiben? Nicht ganz. Beim Seborrhoischen Ekzem – eine Hautkrankheit, bei der sich Schuppen auf der Kopfhaut bilden – tritt laut einer
Studie eine Besserung bei durchschnittlich 60 Prozent der mit dem Gel behandelten Patienten auf. In der Kontrollgruppe waren es nur zirka 20 Prozent. Auch bei der Geschlechtskrankheit Genitalherpes heilte die Haut mit einer Aloe-vera-Creme schneller als bei einem Placebo.

Widersprüchlich ist die Wirkung bei strahlengeschädigter Haut, sprich: bei einem Sonnenbrand. Hier soll Aloe-vera-Gel seine ganze Kraft entfalten. Laut Apotheker Brodschelm werden Hautirritationen damit aber nicht deutlich gemindert. Oder anders gesagt: Aloe vera ist einer normalen Öl-in-Wasser-Creme nicht überlegen.

Ulrike Bauschke ist Mitglied im Heilpraktikerverband und hat mit Aloe vera gute Erfahrungen gemacht. Sie schätzt die Anwendung des schleimigen Gels bei Verbrennungen: «Es spendet Feuchtigkeit, regt die Wundheilung und die Bildung von Kollagen an.» Außerdem lindere das Aloe-Vera-Gel Juckreiz und Entzündungen, regeneriere und verjünge die Haut, so die Heilpraktikerin.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat Aloe vera auf seinem Portal
www.klartext-nahrungsergaenzung.de als Nahrungsergänzungsmittel unter die Lupe genommen. Es soll als solches den Körper entgiften, das Immunsystem stärken und für Wohlbefinden sorgen. Aloe vera wird getrocknet in Kapseln, als Saft oder Gel angeboten. Enthalten sind Schleimstoffe aus Kohlenhydraten, Enzyme, Aminosäuren, Vitamine und Mineralstoffe. Der größte Teil, etwa 99 Prozent des Gels, besteht aber aus Wasser.

Das nüchterne
Urteil der Verbraucherzentrale lautet deshalb: «Viele dieser Stoffe sind auch in heimischem Obst und Gemüse enthalten.» Diesen Tipp würde auch Prof. Uehleke Verbrauchern geben: Wer Obst und Gemüse der Saison isst, muss nicht auf Aloe vera setzen.

Fotocredits: Achim Sass,Jens Schierenbeck,Andrea Warnecke,Immanuel Diakonie GmbH
(dpa/tmn)

(dpa)

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